Traumatische Erfahrungen können tiefe Wunden hinterlassen, die sich sowohl auf die Psyche als auch auf den Körper auswirken. Während traditionelle Therapien vielen helfen, suchen immer mehr Menschen nach ergänzenden Wegen zur Heilung. Yoga, eine jahrtausendealte Praxis, die Körper, Geist und Atem verbindet, rückt dabei zunehmend in den Fokus der Wissenschaft. Aktuelle Studien liefern vielversprechende Hinweise darauf, wie Yoga Menschen auf ihrem Heilungsweg unterstützen kann. Hier sind drei ermutigende Beispiele aus der Forschung:

1. Trauma-Sensitives Yoga (TSY): Sicherheit und Selbstbestimmung im eigenen Körper finden

Eine der größten Herausforderungen nach einem Trauma ist oft das Gefühl, den eigenen Körper nicht mehr als sicheren Ort wahrzunehmen oder den Kontakt zu ihm verloren zu haben. Trauma-Sensitives Yoga (TSY) wurde speziell entwickelt, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden. Es geht weniger darum, perfekte Haltungen einzunehmen, sondern vielmehr darum, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem Betroffene eingeladen werden, wieder eine Verbindung zu ihrem Körper aufzubauen – mit Wahlmöglichkeiten und ohne Druck.

Eine wegweisende Studie unter der Leitung von Dr. Bessel van der Kolk am Trauma Center in Brookline untersuchte Frauen mit chronischer, therapieresistenter Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS). Nach einem 10-wöchigen TSY-Kurs erfüllten beeindruckende 52% der Teilnehmerinnen in der Yoga-Gruppe die Kriterien für eine PTBS-Diagnose nicht mehr – im Vergleich zu nur 21% in der Kontrollgruppe. Die Yoga-Gruppe zeigte zudem eine anhaltende Verbesserung der Symptome, während die Kontrollgruppe nach anfänglicher Besserung einen Rückfall erlebte. Qualitative Studien bestätigen diese positiven Effekte: Teilnehmerinnen berichten von mehr Selbstmitgefühl, verbesserten Bewältigungsfähigkeiten und einem gestärkten Gefühl der Selbstwirksamkeit. TSY scheint also ein wirksamer Weg zu sein, um das Gefühl von Sicherheit und Kontrolle im eigenen Körper zurückzugewinnen.   

2. Sudarshan Kriya Yoga (SKY): Die Kraft des Atems zur Linderung von PTBS bei Veteranen

Pranayama, die bewusste Regulierung der Atmung, ist ein Kernbestandteil des Yoga und bietet einen direkten Zugang zur Beruhigung des Nervensystems. Eine besonders gut erforschte Atemtechnik ist das Sudarshan Kriya Yoga (SKY), eine strukturierte Abfolge verschiedener Atemübungen, die von der „Art of Living Foundation“ gelehrt wird.   

Eine bedeutende Studie unter der Leitung von Dr. Emma Seppälä untersuchte die Wirkung von SKY bei US-Militärveteranen aus dem Irak- und Afghanistankrieg, die an PTBS litten. Nach einer nur einwöchigen, intensiven SKY-Intervention zeigte die Gruppe, die die Atemübungen praktizierte, eine signifikante Reduktion der PTBS-Symptome mit einer großen Effektstärke (ein Maß für die Wirksamkeit) sowie eine Verringerung von Angstsymptomen. Besonders bemerkenswert: Diese positiven Effekte blieben auch bei Nachuntersuchungen nach einem Monat und sogar einem Jahr bestehen, selbst wenn die Veteranen die tägliche Praxis nicht konsequent fortführten. Dies deutet darauf hin, dass SKY tiefgreifende und nachhaltige Veränderungen im Umgang mit Trauma-Symptomen bewirken kann.

3. Yoga gegen depressive Begleitsymptome: Ein ganzheitlicher Ansatz

Trauma geht häufig mit anderen psychischen Belastungen einher, insbesondere mit Depressionen. Die Forschung zeigt, dass Yoga auch hier eine wertvolle Unterstützung sein kann. Mehrere Meta-Analysen (große Übersichtsstudien, die Ergebnisse vieler Einzelstudien zusammenfassen) haben die Wirkung von Yoga auf depressive Symptome untersucht. 

Eine aktuelle Meta-Analyse von Nejadghaderi et al. (2024) fand heraus, dass Yoga-Interventionen bei Menschen mit PTBS nicht nur die selbstberichteten PTBS-Symptome signifikant verbesserten, sondern auch zu einer deutlichen Reduzierung depressiver Symptome führten – sowohl direkt nach der Intervention als auch langfristig. Auch andere Meta-Analysen bestätigen moderate bis starke positive Effekte von Yoga auf Depressionssymptome, teilweise sogar im Vergleich zu anderen aktiven Maßnahmen wie Entspannungsübungen oder Aerobic-Training. Yoga scheint also nicht nur spezifische Trauma-Symptome zu lindern, sondern auch das allgemeine psychische Wohlbefinden zu fördern und häufige Begleiterkrankungen positiv zu beeinflussen.

Fazit: Ein vielversprechender Weg mit Potenzial

Diese Beispiele zeigen eindrücklich, dass Yoga und achtsame Atempraktiken wertvolle Werkzeuge auf dem Weg der Traumaheilung sein können. Sie bieten körperorientierte Ansätze, die traditionelle Therapien sinnvoll ergänzen können, indem sie helfen, das Nervensystem zu regulieren, die Körperwahrnehmung zu verbessern und ein Gefühl von Sicherheit und Selbstwirksamkeit zu fördern.

Namaste,

Thomas


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